Wir hoffen, möglichst viele Krebsarten mit der Immunonkologie behandeln und eines Tages auch heilen zu können.

Prof. Dr. med. Katja Weisel

Vorstandsmitglied der Stiftung Immunonkologie und stellvertretende Direktorin des Universitären Cancer Center Hamburg

Bis vor wenigen Jahren noch Theorie, ist sie heute ein Eckpfeiler in der Therapie bestimmter Krebserkrankungen: 

Die Immunonkologie, die das körpereigene Immunsystem als Waffe gegen Krebs nutzt.

Im Jahr 2018 wurde die Entdeckung dieses Konzepts mit dem Nobelpreis geehrt.

Was ist Krebs und wie kann man ihn behandeln?

Bei einer Krebserkrankung geraten gesunde Körperzellen außer Kontrolle und vermehren sich rasant weiter. Sie bilden einen Tumor, d.h. eine Anhäufung außer Kontrolle geratener Zellen. Das gefährliche dabei ist, dass die Krebszellen in umliegendes Gewebe eindringen können und es dadurch zerstören. Um das zu verhindern kann man einen Tumor operativ entfernen, ihn bestrahlen oder mit Hilfe der Chemotherapie behandeln. Dabei werden oft auch gesunde Körperzellen zerstört. Die Immunonkologie hingegen nutzt die Kraft des körpereigenen Immunsystems, um Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen.


Die Immunonkologie ist ein neues Konzept

Mit der ersten Zulassung einer immunonkologisch wirksamen Substanz im Jahr 2011 wurde ein neues Kapitel in der Onkologie aufgeschlagen. Heute sind bereits mehrere immunonkologische Therapieansätze auf dem Markt, die für verschiedene Krebserkrankungen zugelassen sind. Die Immunonkologie, oder auch als Immuntherapie bezeichnet, kann mittlerweile auch in Kombination mit einer Operation, mit der Bestrahlung oder der Chemotherapie eingesetzt werden. Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung, denen bis vor wenigen Jahren kaum wirksame Therapieoptionen zur Verfügung standen, können davon profitieren. Die Immunonkologie gibt ihnen die Chance auf ein längeres Überleben eine Verbesserung der Lebensqualität

Die Bedeutung der Immunonkologie nimmt weiter zu

Die Erfolgsgeschichte der Immunonkologie begann mit ihrem Einsatz gegen den schwarzen Hautkrebs. Mittlerweile wird sie zur Behandlung verschiedener Krebserkrankungen eingesetzt. Zudem werden aktuell in rund 1.000 Studien weltweit immunonkologische Substanzen geprüft. Die schnelle Entwicklung und die zunehmende Bedeutung der Immunonkologie zeigt sich auch seit einigen Jahren auf dem weltweit größten Kongress der Krebsgesellschaft ASCO (American Society of Clinical Oncology). Hier wurde die Immunonkologie zum wiederholten Male zum größten Fortschritt gekürt. Das verdeutlicht auch den wachsenden Stellenwert, den sie bei den onkologischen Fachgesellschaften einnimmt.

Gezielte Forschung bringt immer neue Wirkstoffe hervor

Durch gezielte Forschung werden kontinuierlich neue immunonkologische Wirkstoffe entwickelt. Zudem werden immer präzisere Methoden entwickelt, um herauszufinden, welche Patienten am besten auf eine immunonkologische Behandlung ansprechen und davon profitieren. Die Immunonkologie hat das Potenzial, noch präziser und effektiver zu werden als die klassischen Krebsbehandlungen und das möglicherweise mit weniger Nebenwirkungen. Die Hoffnung der Wissenschaft ist es, durch die Immunonkologie in Zukunft viele Krebsarten besser zu behandeln und sie in eine chronische Erkrankung überführen zu können.

Wie wirkt die Immunonkologie?

Möglich wurde die Entwicklung immunonkologischer Wirkstoffe durch die intensive Erforschung des Immunsystems. Dabei werden immer mehr Vorgänge entdeckt, die bei der Entstehung und Entwicklung von Krebserkrankungen eine Rolle spielen. Das Immunsystem ist ein komplexes System, welches den Körper vor Krankheitserregern aber auch vor Krebszellen schützt. Ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems sind die weißen Blutkörperchen, zu denen auch T-Zellen zählen. T-Zellen können normalerweise Krebszellen erkennen und sie daraufhin zerstören. Aber manche Krebszellen bilden auf ihrer Oberfläche bestimmte Strukturen, um sich vor T-Zellen zu tarnen und einer Zerstörung zu entgehen. Dadurch kann der Tumor weiterwachsen. In diesen Mechanismus greift die Immunonkologie ein. Immunonkologische Wirkstoffe setzen sich auf Oberflächenstrukturen des Tumors, sodass er sich vor den T-Zellen nicht mehr verstecken kann. Die Tarnung des Tumors wird verhindert. Dadurch können die T-Zellen die Krebszellen wieder erkennen und sie aktiv bekämpfen.

Quellen:

American Cancer Society. Immunotherapy.

Mellman I et al., Nature 2011;480;481-489.

Pardoll DM. The blockade of immune checkpoints in cancer immunotherapy. Nat Rev Cancer 2012;12: 252–264.

Dunn GP et al. The immunobiology of cancer immunosurveillance and immunoediting. Immunity 2004;21(2):137-48.

Guevara-Patino JA et al. Immunity to cancer through immune recognition of altered self: studies with melanoma. Adv Cancer Res, 2003;90:157-77.

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